Freitag, 25. November 2016

SEINSORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (132): Absichtlosigkeit in der Berührung

Foto: pixabay
Eine weitere Eigenschaft der dialogischen Berührung möchte ich hervorheben: die Grundhaltung der Absichtslosigkeit.

Absichtslos zu berühren beschreibt jene Berührungsqualität, die aus der Intuition, der organismischen Wahrheit, dem Herzen entspringt und nicht aus den Modellen, Konzepten und Konstruktionen der Gedankenwelt. Es ist nämlich stets der Verstand, der dazu neigt, Absichten, Bedeutungen, Konzepte in Handlungen einfließen zu lassen. Diese Intentionalität stellt jedoch das genau Gegenteil dessen dar, was in einer dialogischen Berührung den Raum dafür schafft, dass sich organismische Informationen frei bewegen, in Kontakt treten und austauschen können.

Wenn ich mit einer Absicht, einer Intention handele, so mag das zwar die Vorstellung unterstützen, ein definiertes Ziel »effizient« realisieren zu können. Intentionales Handeln eignet sich hervorragend für alle Arten von Tätigkeiten, die einer berechenbaren Logik entsprechen. Mit intentionalem Handeln kann man Software programmieren oder auch bedienen, Maschinen als Verlängerung der analytischen Logik des Gehirns in Gang setzen, usw. Die Welt, in der wir hier leben, ist unfassbar hoch entwickelt auf diesen Gebieten.

Wenn es allerdings um all die feinstofflichen energetischen Prozesse in der Körperseele des Menschen geht, wenn es um Beziehung und Bindung, um Gefühlsleben und Liebe, um Intimität geht, dann bilden die gedanklichen Konstrukte des Ego-Verstands eine verhängnisvolle Barriere.

Denn sie stellen eine narzisstische Abwehr dar. In diesem entscheidenden Moment von Begegnung tritt ein Mensch mit sich selbst  und seinen Gedanken und Konzepten in Kontakt, bewegt sich im eigenen kognitiven Universum, aber nicht mit dem des Anderen. Er ist identifiziert mit seinem Denken, aber nicht mit all den Empfindungen, Gefühlen und anderen intuitiven und instinktiven Ressourcen, die in jedem  Augenblick reichlich vorhanden sind. Ist ein Mensch nicht viel, viel mehr als die Gedanken, die er denkt?

Dazu tritt ein Phänomen, das in der Körpertherapie eine besondere Bedeutung besitzt: Der Zugang zu den organismisch-energetischen Informationen eines anderen Menschen liegt allein auf der organismisch-energetischen Ebene. Dieser Zugang bedarf einer rezeptiven Einstellung, nicht einer intentionalen. Nur mit einer energetischen Empfänglichkeit lassen sich authentische Inhalte wahrnehmen.

Gedankliche Konstrukte hingegen neigen dazu, wie ein Filter zu wirken. Es kommt nur das an, was dem jeweiligen Konstrukt entspricht. Die vielfältigen organismischen Informationen aus seinem eigenen Energiesystem und dem des anderen Menschen bleiben auf diese Weise unzugänglich, verschlossen, liegen brach.

(Fortsetzung folgt)

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