Mittwoch, 9. Februar 2011

BLACK SWAN

Zugegeben, ich bin alles andere als ein Cineast. Und gehöre auch nicht mehr der Generation an, die mehrmals im Monat zu Gast im Kino ist.
Ich wollte einfach mal mit meiner Liebsten wieder ins Kino gehen und habe, wie man das heute so macht, zu diesem Zweck mal eine halbe Stunde im Internet herumgesurft, was aktuell so “angesagt” ist. Ein Film zog meine Aufmerksamkeit mit Macht an: “Black Swan”.
Allein der Titel klingt vielversprechend. Normalerweise stellt man sich ja einen Schwan weiß vor. Ein “schwarzer Schwan” ist ein starkes Bild, ein suggestives Bild, eines, das direkt die Schattenwelt anspricht, die ja gerüchteweise auch in der menschlichen Seele ihren Ort haben soll. Zumindest behaupten dies ja so obskure Zeitgenossen wie Tiefenpsychologen, diese Saboteure der neurotischen Spießerglückseligkeit.
Kurzum, der Filmtitel passt wirklich. Es ging wirklich um genau diese Schattenwelt der menschlichen Psyche, welche das Sujet dieses Films ausmachte. Diese Schattenwelt wurde in starken surrealen, teilweise atemlos machenden Bildern in Szene gesetzt.
Im wesentlichen ist es ein Film über Kunst, ein Film über darstellende Kunst, um es eingegrenzter zu formulieren. Die Wirkkräfte, die auch für einen guten Schauspieler, Darsteller von Charakterrollen gelten, haben auch Gültigkeit für die hohe Schule des Balletts.
Die Protagonistin, dargestellt von der schauspielerisch eindrucksvollen Natalie Portman, lernt, alle Facetten ihrer Psyche zu mobilisieren, um ein darstellerische Glanzleistung für die Besetzung der Hauptrolle im Ballet "Schwanensee" zu realisieren.
Ein zentrales Thema der filmischen Erzählung ist der Versuch der Transformation des Narzissmus des Künstlers durch Integration der innerseelischen Abgründe. Dieser Versuch misslingt, denn die Protagonistin bleibt – auch begrifflich – in der Dimension des künstlerischen Narzissmus stecken, ausgedrückt in ihrer Schlussaussage: “Ich habe es gefühlt. Es war perfekt. Es war perfekt.”
Unter dem Aspekt der narzisstischen Befriedigung durch das Publikum und die Fachwelt war sie erfolgreich, unter dem Aspekt der Transformation ihrer Persönlichkeit hat sie versagt. Denn trotz aller Opfer, trotz aller Qualen, trotz allen Aufbegehrens (insbesondere gegen die übermächtige Mutter) hat sie das Paradigma des Narzissmus nicht verlassen können. Sie blieb tragisch eingekerkert in das System des narzisstischen Ego. Die Quelle ihrer Hingabe blieb ihr Ich-Ideal. Jedes ihrer Opfer an seelischer und am Ende auch körperlicher Gesundheit gab sie auf dem Altar des Beifalls - dem Publikum, der Kunst, dem Image. Sie gab alles für die Bewunderung anderer ... aber lieben konnte sie nicht, weder andere noch sich selbst.


Soweit zum Inhalt. Es ist erfreulich, dass ein solcher Film eine derart positive Resonanz erzeugt. Er gilt sogar als Oscar-Kandidat, wie ich gelesen habe. Ein Film, der in starken Bildern das Thema der seelischen Schattenwelt im Auftrag der darstellenden Kunst in den Mittelpunkt stellt. In mancherlei Hinsicht erinnert er mich stark an den großartigen Film “Nachtblende” mit der begnadeten Romy Schneider und dem unvergleichlichen Klaus Kinski, der Anfang der 70er Jahre das gleiche Sujet bediente und seitdem einer meiner Lieblingsfilme ist. Manchmal lohnt sich auch ein Blick zurück, um schauspielerische Relationen wahr zu nehmen. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.


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